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Schlesien ist kein Freilichtmuseum

Mit Dariusz Zalega sprach Kaja Puto

Kaja Puto: Seit einigen Jahren ist in Polen die „Volksgeschichte Polens“ sehr angesagt. Auf dem Verlagsmarkt erschienen mehrere Bücher, deren Autorinnen und Autoren historische Ereignisse aus der Perspektive von einfachen Menschen beschreiben: Leibeigenen, Dienern, Arbeitern. Deines Erachtens kann das in Polen herrschende Geschichtsnarrativ, welches sich auf Kriege, Aufstände und das Leben der Eliten fokussiert, die Erfahrungen von den Vorfahren der meisten Polen nicht wiedergeben. Dein Buch „Chachary. Oberschlesiens Volksgeschichte“ reiht sich in diesen Trend ein. Wer ist eigentlich ein Chachar?

Dariusz Zalega: „Chachar” ist ein Archaismus; so wurden in Schlesien Landstreicher, Taugenichtse oder Bettler genannt. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden mit dem Wort Personen bezeichnet, die sich weder mit Polentum noch mit Deutschtum identifizieren konnten, also die Mehrheit der Bevölkerung. Die lokalen Eliten, reiche Bauern, Steiger, Industrielle haben das schlesische Volk übrigens genauso wahrgenommen.

Demnach erzählst Du ihre Geschichte als einen Gegenentwurf zum polnischen Narrativ über Oberschlesien …

Ja, schon. In der polnischen Erzählung über Oberschlesien wird behauptet, die in dieser Region lebende Bevölkerung habe eine dem Polnischen beziehungsweise Altpolnischen ähnelnde Sprache gesprochen. Unter jedem Stein, auf dem die schlesischen Piasten gelaufen sind, wird nach „Polentum“ gesucht. Die schlesische Geschichte kann jedoch nicht ausschließlich aus der Sichtweise der polnischen Geschichte verstanden werden. Dazu brauchen wir sowohl die Geschichte Deutschlands als auch Tschechiens und Österreichs.

Dennoch lehne ich diejenigen Narrative ab, die für viele schlesische Organisationen typisch sind, wonach die Schlesier ein vor allem konservatives, gottesfürchtiges und allzeit obrigkeitstreues Volk seien. Zugleich verklären jene Organisationen die Zeit der deutschen Herrschaft in Schlesien, machen daraus ein wahres Arkadien. Unterdessen war das Leben eines durchschnittlichen Schlesiers zu keiner Zeit einfach. Trotzdem konnte er sich den schwierigen Umständen widersetzen: In Schlesien gibt es eine starke Tradition der Bauern- und später Arbeiteraufstände.

Wogegen revoltierten die schlesischen Bauern?

Hauptsächlich gegen die Erhöhung der Feudallasten, insbesondere der Frondienste. In ganz Europa östlich der Elbe erkannte man nämlich, wie viel Geld mit Getreidehandel durch den Einsatz von unbezahlter Arbeit der Bauern verdient werden konnte. Vom 17. bis Mitte des 19. Jahrhunderts haben wir in Oberschlesien praktisch die ganze Zeit mit einem latenten Bauernkrieg zu tun. Das erkannte schon Friedrich Engels und selbst die damaligen Beamten in Berlin. Sie schrieben über die „schlesische Neigung zu Aufständen“ und über die schlesischen Bauern als diejenige Gesellschaftsgruppe, die den preußischen Machapparat stürzen könnte.

Die Baueraufstände in Schlesien waren bemerkenswerterweise eine Ausnahme auf der Landkarte des heutigen Polens; in der Rzeczpospolita vor dem 19. Jahrhundert waren sie eine Seltenheit. Die Schlesier indes konnten den Herrschenden nicht nur Gehorsam verweigern, sondern sogar ihre Entscheidungen anfechten. Das Leben in einem bürokratischen Staat hatte sie das gelehrt.

Im 19. Jahrhundert fand in Oberschlesien eine rasante Industrialisierung statt. Die reichen Landbesitzer wurden zu Industriemagnaten, Welchen Einfluss hatte das auf die Lage der Schlesier?

Im Vergleich mit dem Ruhrgebiet waren sie schlechter dran. Die Gehälter der Arbeiter waren deutlich niedriger, und die technologischen Innovationen kamen später an. Verantwortlich dafür war die Grenzlage der Region, eingezwängt zwischen Russland und Österreich. Dazu kam eine Sonderlichkeit der schlesischen Eliten: Sie hielten an der Niedriglohnpolitik, welche der Ersetzung menschlicher Arbeitskraft durch moderne Maschinen nicht dienlich war. Unter allen deutschen Industriegebieten zu Anfang des 20. Jahrhunderts herrschten in Schlesien die schlechtesten Wohnverhältnisse und der schwierigste Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen. Darüber hinaus war Schlesien das letzte Kohlerevier, wo minderjährige Arbeitskräfte eingesetzt wurden.

Die Industrialisierung brachte nach und nach einen Rückgang des Analphabetismus und eine soziale Modernisierung mit sich. Die Schlesier wurden politischer, was wahrscheinlich an der Eigenart der Industriearbeit lag. Wenn man auf dem Feld arbeitet und einen Unfall hat, so muss man selbst oder die eigene Familie dessen Kosten tragen. Und wenn man in der Fabrik einen Fehler macht, müssen auch die Arbeitskollegen die Konsequenzen dafür tragen. Folglich muss man an sie denken und sie denken an einen. Auf diese Weise entwickelte sich die Solidarität unter den Arbeitern.

Die Entwicklung der Arbeiterbewegung beeinflussten zudem zwei Verkehrsrevolutionen. Eine von ihnen erfolgte auf der Mikroebene: Die schnelle Entwicklung des Straßenbahnnetzes führte zu einer besseren Mobilität der Menschen, was wiederum erlaubte, die sozialen Netzwerke auszubauen und sich zusammenzuschließen. Von Nutzen waren dabei die unter den Arbeitern beliebte Kneipen. Die zweite Revolution, diesmal auf der Makroebene, war das Phänomen der sogenannten Ostflucht, das heißt die Abwanderung aus Schlesien nach Westpreußen auf der Suche nach besserer Arbeit. Die Schlesier landeten in weiter entwickelten Regionen des Landes, später kehrten sie zurück und brachten viele moderne Ideen mit.

Allerdings spielte in Schlesien die katholische Kirsche eine große Rolle und diese stand den sozialdemokratischen Ideen nicht unbedingt wohlwollend gegenüber.

Ja, die Schlesier waren religiös, jedenfalls ursprünglich, weil sie sich dann seit Anfang des 20. Jahrhunderts langsam von der Kirche entfernten. Das schlesische Dorf war konservativ und unterstützte die katholische Zentrum-Partei. In den Arbeitersiedlungen wuchs indessen rasch die Popularität der Sozialdemokratie. Es liegt vermutlich daran, dass diese Bewegung den Schlesiern nicht abverlangte, sich mit den neu entstandenen nationalen Identitäten zu identifizieren: sie mussten sich nicht für Polen oder Deutsche halten.

Hielten sie sich nicht für Polen oder Deutsche?

Sie wehrten sich sehr lange dagegen. Die nationale Identität der Schlesier war bis in die Zwischenkriegszeit fließend. Die Germanisierung wurde durch das Schulwesen und den Militärdienst begünstigt; der Militärdienst prägte die nationale Identität Preußens und später des Deutschen Reiches. Das polnische Gedankengut förderte wiederum das polnische Bürgertum, mithilfe der Kirche, wo man Polnisch sprechen konnte. Bei der Stärkung der polnischen Identität half paradoxerweise der „Eiserne Kanzler“ Otto von Bismarck, der die Polen zwanghaft hasste. Im Rahmen seiner Kulturkampf-Politik bekämpfte er die katholische Kirche. Zu ihrer Verteidigung wurde eine Mobilisierung an der Basis in Gang gesetzt – und so der Grundstein für die Bildung einer polnischen Nationalbewegung gelegt.

Dennoch war der Klassenkonflikt stärker als der nationale, da zwischen dem Leben der Arbeiterklasse und dem der großen Adelsfamilien, den Besitzern der Industriebetriebe eine große Kluft lag. Ein Arbeiterkind hatte keine Chance auf gute Bildung, und der einzige Weg um aufzusteigen, war ein Priester zu werden.

Wie gestaltete sich das im österreichischen Teil Schlesiens?

In Österreich-Ungarn gab es kaum nationalen Druck. Dies war ein weitaus demokratischeres Land. Die Arbeiter konnten in ihrer eigenen Sprache sprechen: Polnisch, Tschechisch oder Deutsch, und sie hatten Möglichkeiten die soziale Leiter aufzusteigen. Die dortigen Arbeiter erreichten ein hohes Niveau der Selbstorganisation. Sie schufen gemeinsame Orchester, gründeten Genossenschaften, bauten Arbeiterhäuser. Die ersten Frauenbewegungen schlossen sich zusammen. In den ersten gleichen, geheimen, direkten und freien Wahlen 1907 gewann die Sozialdemokratie 80 Prozent der Stimmen im Kohlerevier zwischen Ostrava und Karviná.

Weshalb ließen sich die Schlesier zur polnischen oder deutschen Identität überreden?

Die eindeutige Identifikation mit der einen oder anderen Nation wurde erst durch die Ereignisse nach dem Ersten Weltkrieg erzwungen: die schlesischen Aufstände sowie die Volksabstimmung von 1921, in deren Folge ein Teil Oberschlesiens an die neu gegründete Zweite Polnische Republik angegliedert wurde. Die propolnischen Aktivisten ersannen eine Geschichte über einen nationalen Konflikt und verkündeten, ein Pole und ein Deutscher würden niemals Brüder sein, weil der Deutsche ein Kapitalist sei und die Arbeiter ausnutze. Sie versprachen ein demokratisches, volksverbundenes Polen ohne Klassenunterschiede. Die prodeutschen Aktivisten sprachen dagegen von einem neuen demokratischen Deutschland, das selbstverständlich auch reicher sein sollte.

Was ist in der Wirklichkeit daraus geworden?

Zu Anfang war das Leben in dem Teil Schlesiens am besten, das aufgrund des Versailler Vertrags an die Tschechoslowakei fiel. Es wurde zum wichtigsten Industriezentrum des Lands und konnte schnell die Flaute der Nachkriegszeit überwinden, zumindest bis die Weltwirtschaftskrise die Lage verschlechterte. Der deutsche Teil Schlesiens war schlecht dran, seine Randlage verschlimmerte sich nur noch. Das polnische Schlesien hatte Potenzial, war die industriell am besten entwickelte Region der Zweiten Republik, doch die Regierung hatte keine Idee für seine Weiterentwicklung und behandelte es wie eine Melkkuh. Obendrein war der polnische Binnenmarkt zu schwach, um all seine Produktion abzusetzen.

Das wiedergeborene Polen war aus Teilen zusammengesetzt, die früher zu Deutschland, Russland und Österreich-Ungarn gehörten, ihre Integration war eine große Herausforderung. Nach Schlesien kamen polnische Eliten, um die Macht zu übernehmen und sie hatten eine ganz andere Mentalität – hochherrschaftlich, adelig. Die Weltwirtschaftskrise verschlimmerte die Lage, der Lebensstandard sank deutlich, es gab mehr Arbeitslose als Arbeiter in der Schwerindustrie. Im polnischen Schlesien verbreitete sich unterdessen der Hitler-Kult, weil vor allem die Arbeitslosen meinten, es brauche eine starke Hand, um wieder Ordnung in der Region zu schaffen.

War es im tschechischen und deutschen Teil Schlesiens ähnlich?

In der Tschechoslowakei schon, natürlich dort, wo die Sudetendeutschen lebten, nicht im ganzen deutschen Teil Schlesiens. In Oberschlesien bekam Hitler eine eher schwache Unterstützung, weil die Dörfer sich stark für das katholische Zentrum machten, und in den Arbeitersiedlungen die Kommunisten unterstützt wurden. Interessanterweise erreichten die Kommunisten in der Weimarer Republik die besten Wahlergebnisse gerade in Oberschlesien.

Ließen sich diese linken Ansichten der schlesischen Arbeiter auf die Unterstützung für die kommunistische Macht nach dem Zweiten Weltkrieg in Polen übertragen?

1945 rückte die Rote Armee in Schlesien ein. Es kam zu Massenmorden und Vergewaltigungen. Die Schlesier wurden in Konzentrationslager eingewiesen, zur Zwangsarbeit in die UdSSR transportiert oder ohne weiteres vertrieben. Darunter waren nicht nur deutsche Schlesier. Diese Ereignisse werden in Schlesien „eine oberschlesische Tragödie“ genannt; im polnischen Geschichtsbewusstsein, wo 1945 mit dem Ende des Nazihorrors verbunden wird, existiert die Tragödie so gut wie gar nicht. Erwähnenswerterweise war es dieselbe Rote Armee, die das Rauchen der Schornsteine in Auschwitz-Birkenau, damals im Regierungsbezirk Kattowitz, ein Ende bereitete.

In den nachfolgenden Jahrzehnten stand die schlesische Identität bei den kommunistischen Machthabern stets unter Verdacht. Die Schlesier wurden verdächtigt, mit den Deutschen zu sympathisieren und mussten ihr Polentum ständig beweisen. Westdeutschland wurde kurzerhand mit Hitlers Erbe gleichgesetzt. Die Verwendung des schlesischen Dialekts verursachte Probleme in der Schule und bei der Arbeit. In den lokalen Behörden hatten Beamte von außerhalb Schlesiens die Oberhand.

Andererseits war die Gründung der Polnischen Volksrepublik für viele propolnischen Schlesier eine Zeit der Hoffnung. Es wurden neue Wohnungen gebaut, die Industrie wuchs schnell, weil Kohle zur Grundlage der polnischen Exporte wurde. Nach Schlesien kamen tausende Menschen aus ganz Polen, um zu arbeiten. Darüber hinaus eröffneten sich für die Arbeiter viele Aufstiegsmöglichkeiten. Bereits 1945 wurde in Bytom ein erstes Polytechnikum für Arbeiter eröffnet. Nach dessen Abschluss konnte man sogar yum Bergwerksdirektor aufsteigen. In den 1960er und den 1970er Jahren gab es in der Region so viele Arbeitsangebote, dass ein Drittel der Bergwerkarbeiter wegging, um neu anzufangen, ohne ihre Vorgesetzten zu informieren.

Aus Sicht der Mehrheit in Polen waren die Schlesier privilegiert. Sie kamen an Schinken und Toblerone-Schokolade heran, sie konnten schneller einen Fiat 126 kaufen. Während im restlichen Polen die Geschäfte leegeräumt waren, waren die „Bergarbeitergeschäfte“ gut gefüllt.

Die Bergleute konnten sich auf eine Reihe von Privilegien verlassen; Schlesien war dem restlichen Polen bezogen auf Infrastruktur tatsächlich überlegen. Wir sollten jedoch nicht vergessen: Die Arbeit im Bergwerk war schwer und außerdem lebten hier Menschen, die in anderen Berufen arbeiteten, wie schlecht bezahlte Lehrerinnen oder Krankenschwestern.

Mehr als 100.000 Schlesier reisten in den 1970er Jahren in die BRD aus.

Möglich war es dank des Vertrages zwischen Edward Gierek, dem Ersten Sekretär des Zentralkomitees der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei, und der bundesdeutschen Regierung. Gemäß diesem Vertrag wurde den sogenannten Spätaussiedlern die Ausreise erlaubt, dafür bekam Polen Kredite aus Deutschland. Die Aussicht auf eine Ausreise nach Westdeutschland, wo damals die Wirtschaft boomte, führte zur opportunistischen Haltung gegenüber den kommunistischen Machthabern. Die Schlesier nahmen offiziell Medaillen für erfolgreiche sozialistische Arbeit entgegen, im Geheimen hofften sie auf Pakete von Onkel Werner mit kapitalistischen Gütern aus dem „Reich“, da „deutsche“ Produkte doch die „besseren“ waren. Und die Behörden werden irgendwann den Pass aushändigen und endlich die „Familienzusammenführung“ erlauben. Sie verließen einen Ort, wo sie als Deutsche behandelt wurden, aber in der Bundesrepublik wartete keiner mit offenen Armen auf sie – hier galten sie als unzivilisierte „Polacken“.

Die nationalistischen Vorurteile der polnischen Kommunisten gegenüber den Schlesiern übernahm nach dem Systemwandel die polnische Rechte. In die Geschichte werden die Worte von Jarosław Kaczyński, Vorsitzender der rechtpopulistischen Partei PiS (Recht und Gerechtigkeit) übergehen, als er das Schlesiertum eine „versteckte deutsche Option“ nannte. Haben Polen immer noch Angst vor den Schlesiern?

Am besten regiert es sich, wenn die Alleinherrschaft mithilfe von Panikmache erlangt wird, folglich versuchen Politiker mit solchen Emotionen zu spielen, indem sie das deutsche Schreckgespenst herausholen. Trotzdem bin ich der Meinung, die meisten Polen haben keine Angst vor einem schlesischen Separatismus, sie glauben nicht, dass Schlesien seine Unabhängigkeit erklärt und Gebiete bis nach Warschau besetzen wird.

Nichtsdestotrotz hat der PiS-nahe Präsident Andrzej Duda im Mai ein Veto gegen die Änderung des Gesetzes über die nationalen und ethnischen Minderheiten eingelegt. Diese Gesetzesänderung beinhaltete die Anerkennung des Schlesischen als eine regionale Sprache. Laut Präsident soll die schlesische Sprache weiterhin als ein Dialekt gelten.

Nun, der Präsident handelt nach dem Willen seines politischen Umfelds, und dort wird mit dem Separatismus und den Deutschen Angstmacherei betrieben. Mehr noch, er behauptet, die Anerkennung der schlesischen Sprache sei Wasser auf die Mühlen … Russlands. Das ist einfach dumm, das braucht man nicht zu kommentieren.

Die schlesischen Aktivisten gießen immer wieder Öl in das Feuer der Wahnvorstellungen der polnischen Rechten. Einer von ihnen, Jerzy Gorzelik, wurde mit folgendem Spruch berühmt: „Polen Schlesien zu geben ist so, wie einem Affen eine Uhr zu geben. Und nach 80 Jahren sieht man, der Affe hat sie kaputt gemacht.“ Es war eine Anlehnung an die Worte von David Lloyd George, Premierminister Großbritanniens von 1919.

Zum Glück verliert die Bewegung für die Autonomie Schlesiens nunmehr ihre Daseinsberechtigung. Sie ist wie ein Freilichtmuseum, auf der Vorstellung eines romantisierten Arkadiens aufbauend. Die von Nationalismus durchtränkte antipolnische Rhetorik erscheint wie ein Spiegelbild der antischlesischen Fantasien der polnischen Nationalisten.

Junge schlesische Aktivisten und Kunstschaffende bemühen sich, über diese Grenzen hinaus zu gehen. Angefangen bei Werken des Schriftstellers Szczepan Twardoch bis zu dem Journalisten und Reporter Zbigniew Rokita gibt es bereits einen anderen Zugang zur schlesischen Frage. Wir können jetzt das Schlesiertum anders auffassen und sind weit davon entfernt zu glauben, ein Schlesier sei nur derjenige, der seit mehr als vier Generationen hier lebt. Denn diese Annahme unterscheidet sich nicht von dem polnischen oder deutschen Nationalismus. Schlesien ist kein Freilichtmuseum und muss es nicht sein. Schlesien verändert sich ständig, wie es das immer in seiner Geschichte getan hat.

 


Dariusz Zalega – Journalist, Historiker, Dokumentarfilmregisseur und Kulturveranstalter. Er beschäftigt sich leidenschaftlich mit der Geschichte Schlesiens, der Arbeiterbewegung und tschechischen Bieren. Sein Buch „Rebellisches Schlesien“ wurde für den Historikerpreis der Zeitschrift „Polityka“ nominiert. Sein neuestes Buch trägt den Titel „Chachary. Oberschlesiens Volksgeschichte“. Er betreibt die Fanpage „Rebellisches Schlesien“ und die Kneipe „Rebel Garden“.

 

 

Kaja Puto / Autorin DIALOG FORUMKaja Puto – Publizistin und Redakteurin, spezialisiert sich auf die Themenbereiche Osteuropa und Migration. Sie schreibt u.a. für die Zeitschrift „Krytyka Polityczna“ und für n-ost – The Network for Reporting on Eastern Europe.

 

 

 

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