Mit Tomasz Słomczyński, Autor des Buches „Sopoty” spricht Kaja Puto
Kaja Puto: Sopot (Zoppot) gilt als ein besonderer Ort unter den polnischen Ostseebädern. Es verfügt über eine hervorragend erhaltene städtische Struktur und einzigartige Architektur. Wie konnte gerade diese Stadt den Zweiten Weltkrieg überleben?
Tomasz Słomczyński: Wer weiß das? Vielleicht war das ein reiner Zufall in dieser Zeit des totalen Chaos. Die deutschen Soldaten hatten hier nicht bis zum letzten Blutstropfen gekämpft, und der Offizier der Roten Armee, der in die Stadt kam, vermochte es nicht, sie zu zerstören, was irgendwie überrascht, da die Ortschaft zweifellos bürgerlich war. Bereits seit dem 16. Jahrhundert kamen reiche Danziger hierher, um sich zu erholen.
Sie bauten hier ihre Sommerhäuser und Villen, die der Erholung dienen sollten. Die von ihnen angestellten Architekten erlaubten sich manchmal, mit verrückten Verzierungen zu arbeiten. Wenn es sich jemand leisten konnte, ein Sommerhaus zu bauen, musste er bei den Verzierungen nicht sparen. Heute wird über die Sopots Veranden und ihre zuckersüßen Ausschmückungen gesagt, sie würden an den Traum eines betrunkenen Konditors erinnern – das habe ich von einer der Hauptfiguren meines Buches gehört. Darin liegt sicherlich die Einzigartigkeit Sopots.
Man könnte weiter nachhacken und fragen, warum all diese verzierten Häuser gerade hier errichtet wurden. Die Antwort darauf ist die Geografie: Sopot liegt am Rande der Danziger Hochebene; in die Stadt schneiden sich die Täler der Bäche hinein, die früher sopoty genannt wurden, daher der Name der Stadt. Dies sorgt für ein spezifisches Mikroklima, in dem sich See- und Landluftmassen begegnen. Nach einem gemächlichen halbstündigen Spaziergang können wir vom Strand in den Wald gelangen, der mehrere Meter über dem Meeresspiegel liegt. Da man annahm, dies sei gesundheitsfördernd, entstand hier im 19. Jahrhundert ein Kurort.
„Sopoty“ – so hast Du Dein Buch genannt. Das bezieht sich einerseits auf den alten Namen der Stadt, andererseits geht es um die Vielzahl ihrer Gesichter …
Ja, wir haben einige davon und die können wir auf der Zeitachse anordnen. Wir haben zum Beispiel das deutschsprachige Zoppot, mit starken kaschubisch-polnischen und jüdischen Komponenten. Dieser Kurort entsteht in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf Betreiben von Jean Georg Haffner, einem Arzt in Napoleons Armee. In den nächsten Jahrzehnten entwickelte sich die Stadt intensiv, wozu der Eisenbahnbau verhalf. Neben dem Aufbau einer Bäder-Infrastruktur konnte sich Zoppot als eine Stadt der Unterhaltung etablieren: Die Kurgäste vergnügten sich bei Tanzbällen, Pferderennen, Blumenausstellungen, sie spielten Bridge und Tennis.
In der Zwischenkriegszeit war der Kurort bei den polnischen intellektuellen Eliten beliebt. Zur gleichen Zeit offenbarte er jedoch sein dunkles Gesicht: Rund um das neu errichtete Kasino und das Grand Hotel, damals Kasino-Hotel, wimmelte es nur so von Gaunern und Prostituierten. In der zweiten Hälfte der 1930er Jahre wurde Zoppot braun und wählte die NSDAP. Ein Ghetto am Strand wurde eingerichtet, das heißt festgelegte Strandabschnitte, wo Juden keinen Zutritt hatten; eine Synagoge wurde in Brand gesetzt. Man spricht selten darüber, obwohl die einheimischen Polen, die germanisiert wurden, sich an den Geschehnissen beteiligten; zudem wählten sie die Nazis.
Nach dem Krieg war es in Sopot genauso düster.
Als Sopot polnisch wurde, wusste man von ihm nur, es sei reich und durch Kriegshandlungen nicht zerstört worden. Deswegen kamen aus ganz Polen szabrowniki hierher, also Leute, welche die hinterlassenen deutschen Besitztümer ausplünderten. Oft waren sie bewaffnet, bereit zu töten, um Wertgegenstände zu ergattern. So wurde Sopot zu einem der gefährlichsten Orte in der Wojewodschaft.
Zudem zog der Ruhm von Sopot nicht nur Kriminelle an, sondern genauso Warschauer Eliten, die ihre Häuser während des Aufstands 1944 verloren hatten. Auf der Suche nach einem neuen Ort zum Leben kamen Professoren und Kunstschaffende, auch aus Lemberg und Vilnius. Die kommunistischen Machthaber luden Musiker in die Stadt ein, damit sie eine neue, kulturelle Funktion wahrnehmen konnte. Schon einige Jahre nach dem Krieg gab es hier zwei Kunsthochschulen.
Die Kommunisten wollten nicht, dass Sopot mit der lustvollen Unterhaltung in Verbindung gebracht wurde. Sie beabsichtigten, aus ihm eine Schlafstätte für die benachbarten Städte Gdynia und Gdańsk zu machen.
Sopot war im Stalinismus ein Symbol für alles, was am schlimmsten war: Nicht genug, dass hier Deutsche gelebt hatten, dazu noch reich und mit 120 Quadratmetern großen Wohnungen ausgestattet. Viele von ihnen wurden ausgesiedelt, an ihre Stelle kamen die Polen. Mehrere Familien drängten sich in diesen Wohnungen, die Stadt wurde sehr schnell enorm übervölkert. Immerhin waren es die neuen Einwohner, die ihre Eigenart als Kurort wiederherstellten.
In den 1950er Jahren waren die Strände wieder voll. Meinen Vater, der mit seinen Eltern in einer Zwei-Zimmer-Wohnung lebte, besuchte jedes Jahr seine Familie aus Schlesien; sie störten sich nicht daran, dicht nebeneinander, sogar auf dem Boden zu schlafen. So wurden die Behörden vor vollendete Tatsachen gestellt und änderten daraufhin ihre Vorgehensweise: Sopot sollte ein Kurort für die Arbeitenden werden, für das gesunde soziale Gefüge sorgen.
Das ist wohl nicht gelungen. Meine Eltern kamen in den späten 1970er Jahren und den frühen 1980er Jahren mehrmals nach Sopot aus dem Süden Polens. Sie liebten diese Stadt, doch nicht, weil sie dort einen gesunden Urlaub machen konnten. Sie war für sie wie ein Hauch von Luxus, ein Vorgeschmack des westlichen Lebensstils.
In einem gewissen Sinne ist es trotzdem gelungen, da hier Erholungsheime entstanden, die von Arbeitenden aus ganz Polen besucht wurden. Im Grand Hotel hatten sie allerdings nichts zu suchen, sie konnten dort bestenfalls vorbeischauen, um ein Glas Vodka zu trinken und einen Hering dazu zu essen. Im Grand Hotel entspannten die Parteieliten oder ausländische Gäste, die über Dollars verfügten sowie internationale Musikstars, welche zu dem Internationalen Musikfestival in Sopot kamen. Die schönsten Villen in Sopot wurden als Regierungsbezirk bezeichnet, weil sich dort die kommunistischen Führer erholten: Bolesław Bierut, Józef Cyrankiewicz. Das zeigt natürlich die Verlogenheit der damaligen Machthaber.
Sopot war demnach sowohl für die Arbeiterklasse als auch für Eliten geeignet. Darüber hinaus hatte Sopot seinen künstlerischen Duktus, der ganz und gar nicht in das sozialistische Bild des Arbeiterurlaubs passte. 1956 feierte das Jazzfestival Triumphe, danach die Studententheater. In den 1960er und 1970er Jahren florierte in Sopot die Big Beat-Szene, Hippies strömten in die Stadt. In den nächsten Jahrzehnten kamen im Sommer Punks und Fans des Heavy-Metal. Wahrzunehmen war das Feeling einer Jugendrebellion, von der ich zu jener Zeit fasziniert war. Heute weiß ich, es war eher eine unverbindliche, eine Urlaubsrebellion.
Diese Zeit kennst Du schon aus eigener Erfahrung.
Stimmt, ich wuchs in Sopot der 1980er Jahre auf. „PRL-Riviera“, so nannte man Sopot, hatte ihre besten Tage bereits hinter sich. Die Verhängung des Kriegsrechts 1981 führte zum Stillstand im Vergnügungs- und Urlaubsleben. Es war das erste Mal, wo Sopot zu spüren bekam – das nächste Mal während der Pandemie –, der großartigste Kurort sei ein Koloss auf tönernen Füssen. In den folgenden Jahren wurden aufgrund der ökologischen Katastrophe in der Danziger Bucht die Strände geschlossen. Sopot wurde zu einem elenden Kaff, und seine schöne Architektur verfiel nach und nach.
Das änderte sich erst nach 1989. Die Touristen kehrten an den Strand zurück, diesmal aber wie verwandelt. In Zeiten der Volksrepublik befand sich das Zentrum des Strandlebens in den sogenannten Łazienki (Bäder). Es war ein großes Gebäude mit Duschen, Toiletten und Schränken für die Aufbewahrung persönlicher Gegenstände. Die Strandbesucher verbrachten hier viel Zeit, knüpften neue Kontakte, flirteten; getrunken wurde Kaffee und Vodka, am Abend fanden Tanzveranstaltungen statt. In mancher Hinsicht war dies eine Neuauflage der Tanzbälle der Vorkriegszeit, bloß gleichberechtigter. Leider wird die Tradition nicht fortgesetzt, da es Łazienki nicht mehr gibt, und die Feriengäste verbringen keine Zeit miteinander. Wir grenzen uns mit Strandwindschutz von den anderen ab, wir sitzen nur da und starren auf unser Handy.
Und wie hatte sich die Einstellung gegenüber dem deutschen Erbe von Sopot geändert? Die Kommunisten versuchten, jenes Erbe auszulöschen; die offizielle Version verlautete: Sopot war eine polnische Stadt, die nur zeitweise unter der deutschen Besatzung stand. Du erzählst in Deinem Buch darüber, wie Du als kleiner Junge auf einen Findling gestoßen bist, der an Otto Gericke, den Vorkriegsstadtrat und sozialen Aktivisten erinnerte. Du konntest nicht verstehen, woher jener Deutsche denn hierherkam.
Genau, und ich habe gefragt: „Warum stellen diese Deutschen ihre Denkmäler bei uns in Polen auf, und nicht bei sich, in Deutschland?“ Um zu erkennen, dass ich in einer Stadt lebe, die früher deutsch war, brauchte ich Zeit, ich musste ihr einstiges Deutschsein entdecken, was dann für mich ein überwältigendes Erlebnis darstellte. Ich glaube, diese Erfahrung, das Deutschtum zu erforschen, prägte mich auf irgendeine Weise als Schriftsteller und Autor von Reportagen.
In vielen ehemals deutschen Städten kann man auf Initiativen stoßen, welche die deutsche Vergangenheit ihrer Städte vorzeigen; sie werden in der Regel von den deutschen Heimatvereinen unterstützt. Das ist grundsätzlich die richtige Richtung, dennoch wird sie oft von einem Diskurs begleitet, der ein vereinfachtes Bild vorstellt: „Hier war eine deutsche Stadt, kulturell und zivilisatorisch weit entwickelt, und dann kamen diese Barbaren in Gestalt der Sowjets, später der Polen, die Arbeiter besetzten die Wohnungen und zerstörten alles.“
In Sopot sehe ich das nicht: Mir scheint, wir haben ein sehr vernünftiges Verhältnis dazu. Wir entdecken die deutsche Vergangenheit und nutzen sie zum Geldverdienen. Das ehemals Deutsche wurde in Sopot zu einer Attraktion mit kultureller Bedeutung, die an die Besuchenden verkauft werden kann. Dabei geht es nicht ausschließlich um Geld. Ein Wert an sich ist die Erinnerung an die reichen Danziger, die hier ihre Herrenhäuser errichteten, an den französischen Gründervater Johann Haffner, an das deutsche, kaschubische und jüdische Erbe, und nicht zuletzt an den Mythos des Siedlers aus den Jahren 1945–1947. Ein Großteil der Einwohner von Sopot nimmt das wahr und ist sogar stolz darauf.
Die Zeit der Systemtransformation ist ebenfalls eine Neuauflage des kriminellen Sopots.
In der ersten Hälfe der 1990er Jahre gab es inmitten von Sopot den Klub „Fantom“, wo die Crème de la Crème der polnischen Mafia feierte. Die Herren trugen Goldketten und kamen mit solchen Geschossen an, dass wir als Teenager nicht mal zu träumen wagten, sich ihnen anzunähern. Der Türsteher würde uns sowieso nicht reinlassen. Die Mafia regierte über die Stadt, es galten andere Gesetze, vor allem nach Sonnenuntergang und während der Urlaubssaison. Die Polizei war dagegen absolut ratlos.
Allerdings war in den späteren Jahren von kriminellen Skandalen weiterhin zu hören. Zu den bekanntesten gehört die Affäre um die Zatoka Sztuki (Kunstbucht). Junge Mädchen, vom Glitzer fasziniert und dem großen Geld berauscht, wurden dort sexuell missbraucht. Das alles geschah in einem Klub, in dem Promis verkehrten, am Meer, direkt am Strand, mit Blick auf die Mole… Wie typisch die Geschichte für Sopot doch war. Das Prozedere konnte unter anderem dank der Hartnäckigkeit der Journalisten unterbunden werden. Hoffen wir, dies war der letzte Atemzug der Mafia von Sopot. Dennoch bliebt die Prostitution von Minderjährigen ein Problem für die Stadt.
Sopot ist schöner geworden, die berühmten Veranden bekamen ihren alten Glanz wieder. Den Preis dafür mussten die Einwohner zahlen.
Anfang der 1990er Jahre traf die Stadtverwaltung die Entscheidung, den Wohnbestand, auch den historischen, den Einwohnern für 10 bis 20 Prozent des Wertes zu überlassen. In dem Stadthaushalt fehlte das Geld für die nötigen Sanierungen der Häuser. Diese Lösung ist als die „Sopoter Privatisierung“ bekannt; einige halten sie für einen Erfolg, andere wiederum für einen Fehlschlag.
Einerseits ist dieser Lösung zu verdanken, dass Sopot heute aussieht, wie es aussieht. Die Stadt wurde saniert und „glänzt“, was dem Geld der Einwohner und der privaten Investoren zuzuschreiben ist. Andererseits gibt es die dunklere Seite dieser „Privatisierung“. Viele Einwohner beschlossen, ihre preiswert von der Stadt erworbenen Wohnungen mit Gewinn zu verkaufen: nicht unbedingt an zugezogene, sondern an die Spekulanten vom Immobilienmarkt. Der Handel mit Wohnungen begann, in denen niemand richtig wohnte, die Preise schießen in die Höhe, was die Menschen noch mehr dazu bewegte, die Stadt zu verlassen.
Heute erreichen die Preise pro Quadratmeter einer Wohnung in Sopot bis zu 20.000 Zloty. Dabei ist die Stadt nicht so groß, Möglichkeiten, sie auszuweiten, gibt es nicht. Überdies wollen alle eine Wohnung direkt am Meer. Aus diesem Grund ziehen viele Einwohner aus der Stadt weg und verkaufen ihre Wohnungen, weil sie für den Preis ein großes Haus oder drei Wohnungen in einem anderem Teil Polens kaufen können. Und ihre Wohnungen werden dann wahrscheinlich zur Kurzvermietung angeboten. Was bedeutet das in der Praxis? Zum Beispiel werden Touristen dort jede Woche einen lauten Junggesellenabend veranstalten, woraufhin die nächsten Nachbarn aus dem Haus verscheucht werden.
Du nennst es in Deinem Buch „turystoza” (Touristosie).
Diese Krankheit quält Sopot und viele andere Städte in der ganzen Welt: Valletta, Barcelona oder Venedig. Überall sind AirBnB und Booking zu finden, wir müssen keine Pässe haben, um irgendwohin für ein Wochenende zu fahren. Immer seltener sind wir Touristen, wir sind eher „Spaßkonsumenten“. Wir fahren an irgendeinen Ort nur, um uns zu besaufen und zu feiern. Ich rede natürlich nicht von allen, die Sopot besuchen, bloß ist das der Großteil des Ferien- und Wochenendpublikums.
Eine der Protagonistinnen meines Buches benutzte eine Metapher, die mir sehr gefallen hatte: Sopot ist wie ein Ikea-Sofa. Ein Sofa mit der Aufschrift: Dieses Produkt wird von den meisten Kunden ausgewählt. Wenn alle sich dafür entscheiden, dann muss es gut sein, nicht wahr? Nach dem gleichen Prinzip kommen die Touristen nach Sopot. Sie gehen auf die Mole und posten ein Foto von dort auf Instagram, weil es ein Muss ist. Sie kommen hierher für das Foto und nicht, um die Stadt, ihre Geschichte und Kultur kennenzulernen.
Wir haben mit einem gewissen Widerspruch zu tun: Zum einen steht die Stadt bei verschiedenen Rankings in Polen an oberster Stelle, wenn es um die beste Lebensqualität geht, zum anderen verliert sie ihre Einwohner.
Kaum einer kann sich eine Wohnung in Sopot leisten. Und selbst derjenige, der es kann, hat bald genug von den lärmenden Touristen. Zum Glück kann sich das noch ändern, und, wie ich hoffe, ändert es sich bereits, langsam aber stetig. Die Stadt setzt auf ihre Rolle als Kurort, sie will Kurhäuser bauen, Wellness und Rehabilitation anbieten. Sie möchte andere Kunden anziehen, ältere, reichere, ruhigere Touristen.
Ich bin nicht ganz überzeugt davon, ob das die Richtung ist, die jene Vielschichtigkeit von Sopot gewährleisten kann. Aus der Perspektive einer Touristin, die seit ihrer Kindheit die Stadt besucht, erinnert mich Sopot mehr und mehr an die postsowjetischen Kurorte im Stil des russischen Sotschi. Ein Ort für unverschämt Reiche, für Luxus-Motoryachten in der Marina, mit verrückten Unterkunftspreisen. Wo kunstschaffende oder widerspenstige Geister immer weniger Platz haben.
Es gab einen Moment, als die Stadt nach viel Kohle roch. Tennisstars wurden eingeladen, die Promis koksten in Zatoka Sztuki und allen gefiel, wie in der Marina teure Yachten anlegten. Meiner Meinung nach ist das längst Vergangenheit. Nach der Pandemie war die Stadt wie leergefegt. Heute, während der Urlaubsaison riecht die Menschenmenge auf der Prachtmeile Monciak mehr nach typischem Kaff als nach Kohle. Es ist ein anderer Geruch, genauso unangenehm, trotzdem kann sich das in fünf Jahren wieder ändern. Zumal Sopot, wie jede Stadt einem Prozess unterworfen ist, sie verändert sich unaufhörlich. Vielleicht sogar schneller, als die anderen Städte.
Ich begleite diese Stadt seit 47 Jahren, obschon ich seit einigen Jahrzehnten nicht mehr hier lebe. Als ich geboren wurde, was sie ein sozialistischer Kurort. In Zeiten von Edward Gierek (Parteichef 1970–1980) entfaltete sich Sopot auf seine eigene Art und Weise; danach verwandelte es sich in eine Stadt des kommunistischen Niedergangs. Später war sie ein Ort des Sex‘ und Business, und schlussendlich eine von „Touristosie“ befallene Stadt. Sopot verändert sich ständig, über die Stadt darf man nicht von vornherein urteilen. Die Beobachtung des Veränderungsprozesses ist äußerst faszinierend.
Tomasz Słomczyński (geb. 1976) – Journalist, derzeit als Reporter für TVN24.pl tätig. Er wuchs in Sopot auf, wo er bis zu seinem dreißigsten Lebensjahr lebte.
Kaja Puto – Publizistin und Redakteurin, spezialisiert sich auf die Themenbereiche Osteuropa und Migration. Sie schreibt u.a. für die Zeitschrift „Krytyka Polityczna“ und für n-ost – The Network for Reporting on Eastern Europe.
Dieser Beitrag über Sopot war bzw. ist für mich außerordentlich interessant. Bislang wusste ich nur, dass dort größere Events stattfinden, wie Konzerte usw.
Die Historie von Sopot ist jedoch umso bemerkenswerter. – Danke !